
IFS Food 8 Doctrine V4 (Juli 2025): Das müssen QM-Verantwortliche wissen!
Die Anforderungen an das Qualitätsmanagement in der Lebensmittelbranche entwickeln sich stetig weiter. Nicht nur die regelmäßigen Hauptversionen des IFS Food Standards (aktuell Version 8), sondern vor allem die begleitenden Ergänzungsdokumente, die sogenannten „Doctrines“, präzisieren die Anforderungen und sorgen für Klarheit bei Auslegung, Umsetzung und Auditpraxis. Mit der im Juli 2025 veröffentlichten IFS Food 8 Doctrine Version 4 wurde eine Reihe relevanter Klarstellungen und technischer Anpassungen eingeführt, die für alle Unternehmen mit IFS Food Zertifizierung unmittelbar bindend sind.
Gerade für Qualitätsmanagement- und Organisationsverantwortliche ist es entscheidend, die Neuerungen schnell zu erfassen und in den eigenen Prozessen, Dokumentationen und Auditvorbereitungen umzusetzen. Dieser Beitrag bietet eine fundierte Übersicht über die wichtigsten Änderungen, gibt praxisnahe Beispiele und zeigt, wie Unternehmen ihre Audit- und QM-Fähigkeit sichern können.
Die Rolle der Doctrine im IFS Food System
Die „Doctrine“ ist ein offizielles und verbindliches Auslegungs- und Ergänzungsdokument zum IFS Food Standard. Sie dient dazu, Unklarheiten oder neue praktische Situationen, die bei der Anwendung des Standards entstehen, schnell und normkonform zu klären. Die aktuelle Version 4 (Juli 2025) enthält technische Präzisierungen, die den Zertifizierungsprozess und die operative Umsetzung betreffen. Damit wird die Anwendung von IFS Food Version 8 noch transparenter und auditfester gestaltet – im Interesse von Lebensmittelsicherheit, Fairness und Rechtssicherheit.
Die wichtigsten Neuerungen der IFS Food 8 Doctrine V4 im Überblick
Remote-Follow-up-Audits: Mehr Flexibilität, klare Regeln
Mit Doctrine V4 ist erstmals geregelt, unter welchen Bedingungen ein Nachaudit (Follow-up) nach einem IFS Food Audit als Remote-Audit zulässig ist. Dies betrifft insbesondere Korrekturmaßnahmen, deren Überprüfung keine Präsenz vor Ort mehr erfordert.
Praxisbeispiel:
Nach einer Abweichung bezüglich Dokumentationsmängeln im Lieferantenmanagement stellt das Unternehmen die aktualisierten Unterlagen digital bereit. Das Nachaudit erfolgt via Videokonferenz, in der das QM-Team die Korrektur erläutert und der Auditor die Maßnahmen überprüft. Die Nachweisführung erfolgt digital und auditkonform. Für bauliche oder produktsicherheitsrelevante Abweichungen bleibt ein Vor-Ort-Audit weiterhin verpflichtend.
Worauf müssen QM-Verantwortliche achten?
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Remote-Follow-ups sind nur zulässig, wenn alle relevanten Nachweise eindeutig digital überprüfbar sind.
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Die Entscheidung trifft die Zertifizierungsstelle – proaktive Kommunikation lohnt sich.
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Der gesamte Remote-Auditprozess ist umfassend zu dokumentieren.
Frühere Nachaudits möglich: Flexibilität bei der Frist
Eine weitere wichtige Änderung ist die Möglichkeit, Nachaudits in begründeten Ausnahmefällen früher als die bisher vorgeschriebenen sechs Wochen durchzuführen. Dies bietet insbesondere Unternehmen Vorteile, die Korrekturen sehr zeitnah umsetzen.
Praxisbeispiel:
Eine Abweichung bezüglich der Aktualität von HACCP-Dokumenten wird innerhalb von zehn Tagen nach dem Audit vollständig behoben. Nach Rücksprache mit der Zertifizierungsstelle erfolgt das Nachaudit bereits nach zwei Wochen, wodurch der Zertifizierungsprozess für das Unternehmen beschleunigt wird.
Wichtig für die Praxis:
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Voraussetzung ist eine vollständige, nachvollziehbare und nachhaltige Korrektur der Abweichung.
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Die Verkürzung muss von der Zertifizierungsstelle schriftlich begründet und dokumentiert werden.
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QM-Teams sollten die Möglichkeit eines vorgezogenen Nachaudits frühzeitig prüfen und mit allen Beteiligten abstimmen.
Multi-Site und mobile Anlagen: Einheitliche Zertifikatsangaben und Audittransparenz
Doctrine V4 schafft mehr Klarheit bei der Auditierung von Unternehmen mit mehreren Produktionsstätten (Multi-Site) oder mobilen Produktionsanlagen.
Praxisbeispiel:
Ein Hersteller betreibt mehrere Werke und einen mobilen Produktionscontainer. Die Doctrine verlangt, dass alle Standorte – inklusive mobiler Einheiten – auf dem Zertifikat eindeutig benannt und im Rahmen des Audits angemessen geprüft werden. Das heißt: Der Scope muss sämtliche Standorte und relevante Prozesse umfassen, die Angabe der Zentrale ist verbindlich. Für QM-Verantwortliche bedeutet dies eine präzisere Auditplanung, aber auch mehr Transparenz gegenüber Kunden und Behörden.
Wichtige Punkte für die Praxis:
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Alle Standorte und mobilen Anlagen müssen auf dem Zertifikat und in der Auditplanung eindeutig und vollständig erfasst werden.
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Repräsentative Produktauswahl und Prozessprüfung an allen Standorten sind zwingend.
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Unternehmen sollten rechtzeitig eine Standortübersicht und Auditmatrix vorbereiten.
Neue Anforderungen an Zertifikatsangaben: Mehr Transparenz und Rechtssicherheit
Die Doctrine präzisiert, welche Angaben auf dem IFS Food Zertifikat zwingend erforderlich sind. Dazu zählen:
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Beginn und Ende des Auditzeitraums
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Vollständige Nennung aller relevanten Standorte und des Hauptsitzes
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Gültigkeitsdauer des Zertifikats
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Spezielle Hinweise wie der „Star Status“ bei unangekündigten Audits
Praxisbeispiel:
Ein Frischwarenbetrieb erhält sein neues Zertifikat. Darauf sind alle auditierte Produktionsstätten, die Zentrale und die genauen Auditdaten klar ersichtlich. Dadurch wird für Geschäftspartner und Überwachungsbehörden die Rückverfolgbarkeit und Rechtssicherheit deutlich gestärkt.
Empfehlung:
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Prüfen Sie bestehende Zertifikate auf die neuen Anforderungen.
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Stimmen Sie die Kennzeichnung und Zertifikatsverwaltung eng mit der Zertifizierungsstelle ab.
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Berücksichtigen Sie die Angaben auch in Ihren Kommunikations- und QM-Dokumenten.
Auditabbruch und -storno: Verbindliche Szenarien für mehr Planungssicherheit
Die Doctrine V4 beschreibt jetzt exakt, wann ein Audit abgebrochen oder storniert werden muss – zum Beispiel bei gravierenden Sicherheitsmängeln, unvorhergesehenen Ereignissen wie Naturkatastrophen oder auch bei systematischen Nichtzugänglichkeiten von Prozessen.
Praxisbeispiel:
Während eines Audits wird ein schwerwiegender Schädlingsbefall entdeckt, der eine unmittelbare Beendigung aus lebensmittelsicherheitsrechtlichen Gründen erfordert. Die Doctrine regelt detailliert, wie die Dokumentation zu erfolgen hat, wann ein neues Audit angesetzt werden muss und welche Informationspflichten gegenüber Kunden und Behörden bestehen.
Was bedeuten die Änderungen für die QM-Praxis?
Mehr Flexibilität bei Follow-ups ermöglicht eine beschleunigte Zertifizierung und kann Kosten und Zeitaufwand reduzieren – sofern Prozesse und Nachweisdokumentation auditkonform organisiert sind.
Erhöhte Anforderungen an Dokumentation und Transparenz bedeuten mehr Planungsaufwand für Multi-Site-Organisationen und bei der Zertifikatsverwaltung – führen aber zu besserer Nachvollziehbarkeit und Sicherheit.
Die klaren Vorgaben für Auditabbrüche stärken das Risikomanagement und helfen, Prozesse für Notfälle oder unerwartete Ereignisse noch besser abzusichern.
Für QM-Teams ergibt sich daraus die Notwendigkeit, eigene Auditvorbereitungen und QM-Dokumentation an die Doctrine V4 anzupassen. Interne Checklisten, Schulungsunterlagen und Prozessbeschreibungen sollten zeitnah überprüft und, falls nötig, überarbeitet werden.
Wie Sie und Ihr Team die Umsetzung optimal gestalten
Damit Ihr Unternehmen stets auditfähig bleibt und neue regulatorische Vorgaben effizient umsetzt, sind gezielte Weiterbildung und Beratung unerlässlich. Die Lebensmitteltechnik-Deutschland Akademie bietet Ihnen hierfür eine umfassende Unterstützung:
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Alle offenen Schulungen und Seminare orientieren sich immer an den aktuellsten Standards – sämtliche Inhalte sind auf die Anforderungen der IFS Food 8 Doctrine V4 sowie weitere relevante Normen (z. B. BRCGS, ISO 22000) abgestimmt. So erhalten Ihre QM-Teams, Auditoren und Produktionsverantwortlichen praxisnahes und sofort anwendbares Wissen.
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Inhouse-Schulungen:
Unser Angebot umfasst individuell anpassbare Inhouse-Seminare zu allen Fachthemen der Lebensmittelsicherheit, HACCP, Audits, Dokumentationspflichten, Lieferantenmanagement und Allergenmanagement. Ihre Vorteile: Flexibilität, gezielte Lösungsorientierung und direkte Einbindung Ihrer betrieblichen Besonderheiten. -
Fachliche Beratung:
Ergänzend zu den Schulungen unterstützen unsere Expert:innen Sie mit maßgeschneiderter Beratung, Gap-Analysen und Auditbegleitung – von der Prozessoptimierung bis zur strategischen Entwicklung Ihres QM-Systems.
Durch diese umfassende Unterstützung stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen immer auf dem aktuellen Stand bleibt – auditfest, effizient und zukunftssicher.
Handlungsempfehlungen für QM-Verantwortliche
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Doctrine V4 verinnerlichen:
Laden Sie die aktuelle Fassung herunter, machen Sie sich mit den Inhalten vertraut und besprechen Sie diese im Führungskreis sowie mit allen betroffenen Mitarbeitenden. -
QM-Dokumentation und Auditvorbereitung prüfen:
Aktualisieren Sie interne Checklisten, Verfahrensanweisungen und Auditpläne. Berücksichtigen Sie dabei insbesondere Multi-Site-Strukturen, die neuen Möglichkeiten von Remote-Follow-ups und die Anforderungen an Zertifikatsangaben. -
Mitarbeiterschulung sicherstellen:
Schulen Sie alle relevanten Teammitglieder regelmäßig zu den neuesten Vorgaben – insbesondere zu spezifischen Themen wie Remote-Audits, Abweichungsmanagement und Notfallprozessen. Nutzen Sie dafür gezielt unsere offenen und Inhouse-Formate. -
Zertifikats- und Standortmanagement optimieren:
Stellen Sie sicher, dass alle Zertifikate stets korrekt, vollständig und aktuell sind. Führen Sie regelmäßige interne Audits und Standortüberprüfungen durch. -
Beratung nutzen:
Ziehen Sie bei Unsicherheiten oder neuen Herausforderungen unsere Beratungsleistungen hinzu. Ein externer Blick hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen und Prozesse effizienter zu gestalten.
Mit der IFS Food 8 Doctrine V4 wird der Standard nicht nur präzisiert, sondern auch stärker auf die betriebliche Realität und Herausforderungen im QM ausgerichtet. QM-Verantwortliche profitieren von mehr Klarheit, Flexibilität und Planungssicherheit – müssen aber zugleich Prozesse, Dokumentation und Schulung systematisch auf die Neuerungen einstellen.
Wer jetzt aktiv wird, Schulungen und Beratungsangebote nutzt und die Praxis eng an die aktuellen Anforderungen ausrichtet, bleibt nicht nur auditfähig, sondern stärkt auch die Position als zuverlässiger und moderner Partner in der Lebensmittelkette.
Nutzen Sie die Angebote der Lebensmitteltechnik-Deutschland Akademie – ob offene Schulung, maßgeschneiderte Inhouse-Formate oder fundierte Beratung – und führen Sie Ihr Unternehmen sicher und zukunftsfähig durch die komplexen Anforderungen der Lebensmittelsicherheit.